Chronik

Lichtenauer Schützenwesen im Laufe der Geschichte

Schützenbrüderschaften, Vorläufer der heutigen Schützenvereine, wurden im Hochstift Paderborn schon im 15. und 16. Jahrhundert gegründet. Der Lichtenauer Schützenverein besitzt eine Abschrift von einer Urkunde aus dem Staatsarchiv Münster, die über das Alter des hiesigen Vereins Aufschluss gibt. Bereits in dieser ältesten uns bisher bekannten Urkunde, in der die 18 Artikel der Schützenbrüderschaft von 1663 festgehalten sind, steht geschrieben, dass sich diese Urkunde auf einen noch älteren Schützenverein bezieht. Schon in der Einleitung wird auf eine Schützenbruderschaft hingewiesen, die in Lichtenau “von alters … angestellt gewesen“. Einige Artikel sprechen von “alten herkommen und gebrauch“. Die Artikel von 1663, die unser erstes handschriftliches Zeugnis sind, regeln das Vereinsleben in fürstbischöflicher Zeit vom Eintritt in die Bruderschaft über das Schützenfest bis zum Tod eines Schützenbruders. Beim jährlichen Königsschießen wird noch auf Scheibe geschossen; König wird der Schütze, der mit seinem Schuss das Ziel am besten trifft. Ihm dürfen durch diese Ehre keine Kosten entstehen, wie es auch in späteren Schützenordnungen festgesetzt wird.
1752 wurden die Statuten oder Privilegien der Schützenbruderschaft Lichtenau vom fürstbischöflichen geheimen Rat unter der Bedingung bestätigt, dass nur die fürstlichen Beamten die Geldstrafen verhängen.
1810 wurden die Schützenvereine im Königreich Westfalen wegen ihrer angeblich militärischen Bedeutung durch die Franzosen aufgelöst.
Um 1820 begann man in Lichtenau den Schützenverein wieder aufleben zu lassen. Der Amtmann Mantell schrieb 1825 die Statuten der Schützengesellschaft auf, die sich eng an die überlieferten von 1663 halten.
Mehrere Einwohner Lichtenaus beantragten 1838 bei der Preussischen Regierung in Minden einen neuen Schützenverein zu gründen. Sie leisteten alle bei diesem Antrag, dem 1839 stattgegeben wurde, ihre Unterschrift. In den Verein durften Männer ab 20 Jahren mit ungescholtenem Ruf unter der Bedingung eintreten, dass sie Lichtenauer Bürger sind. So erhielten auch erstmals evangelische und jüdische Einwohner die Möglichkeit des Beitritts. König wurde nun der Schütze, der den letzten Rest des Schützenvogels von der Stange schoss. Dass Scheibenschiessen, zu dem Lichtenauer Geschäftsleute Preise stifteten, wurde noch bis 1938 beibehalten.
Gleichzeitig gab es noch den alten Schützenverein, der nur aus katholischen Mitgliedern bestand. Wie die erhaltenen Mitgliederlisten von 1839 ausweisen, zählte der alte Verein nur noch 38, der neue hingegen schon 114 Schützen.

Von diesem Jahr sind zum ersten Male die Namen des Königpaares bekannt, es sind Johannes Sicken und Philippine Mantell.
Die äußeren Umstände machten es im 19. Jahrhundert schwer den Schützenverein auf Dauer am Leben zu erhalten. So ist es in den alten Akten in den Jahren 1854, 1861 und 1881 immer wieder von Neugründungen die Rede. Kriege, Brände, Unwetter und andere Katastrophen machten es den Bürgern Lichtenaus unmöglich, jährlich ihr Schützenfest zu feiern. Aus diesem Grund sind einige Lücken in den Aufzeichnungen zum Lichtenauer Schützenwesen zu erklären.
1881 wurde der Schützenverein neu ins Leben gerufen durch den Steuereinnehmer Heitz, der auch den Kriegerverein gründete; zum ersten und einzigen Male wurde ins Protokoll der Gründungsversammlung von einem Bürger-Schützen-Verein gesprochen. Der Schützenoberst war für das hiesige Vereinsleben sehr bedeutend. Er hat nicht nur die beiden Vereine gegründet bzw. wieder gegründet, sondern auf seine Veranlassung hin wurde 1882 die erste Stadthalle auf der Schützenwiese gebaut, damals Restaurationslokal auf dem Hammelmarktplatz genannt. Lichtenau war nämlich in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts ein Zentrum des Schafhandels. Schützen- und Kriegerverein mieteten die Halle zu ihren Festen von der Stadt, sonst wurde sie zum Zweck der Unterstellung der Schafhürden für den jährlichen Markt verwandt. Drei Seiten der Halle wurden aus Bruchsteinmauerwerk, die Eingangsseite aus Fachwerk errichtet, die Fläche betrug etwa 300 Quadratmeter; der Baumeister war der Zimmermann Heinrich Niggemeyer aus Lichtenau. In der Zeit vor dem Hallenbau wurden die Schützenfeste in Zelten gefeiert, die man sich von auswärts leihen musste.
Seit 1881 sind die Namen der Schützenkönige und –königinnen regelmäßiger überliefert, aber durch äußere Umstände konnte das Fest ausfallen. Aus diesem Jahr ist eine Inventarliste über den Besitz des Vereins erhalten, die es verdient, erwähnt zu werden:
1 Tambourmajorstock
1 Königsschärpe
1 Kilian
1 Diadem für die Königin
2 Schützenfahnen
1 Schützensiegel
2 Blumenvasen
Im Jahr 1913 entdeckte der Student Albert Eickhoff aus Paderborn im Staatsarchiv Münster besagte Urkunde von 1663. Daraufhin fand vom 28.-30. Juni 1914 in Lichtenau das 250-jährige Jubelfest des Schützenvereins statt. Zu dem historischen Umzug waren viele Besucher aus nah und fern gekommen, mehrere Schützenabordnungen aus den umliegenden Orten des Kreises Büren, Paderborn und Warburg waren vertreten. Die Teilnehmer waren in alten Uniformen und Trachten gekleidet und begleiteten zu Pferd oder zu Fuß den Zug mit 5 Festwagen. Wagen 1 stellte die Burg von Lichtenau dar, auf dem zweiten Wagen stand eine große Kerze zu Ehren des hl. Kilian, im dritten Wagen saßen der Jubelschützenkönig Josef Schrowangen und die Königin Elisabeth Richters, Wagen 4 zeigte das Kornhaus, in dem das Bier gebraut wurde und Wagen 5 war von einer Paderborner Brauerei mit einem großen Bierfass geschmückt.

Nach dem 1. Weltkrieg wurde erst 1920 wieder ein Schützenfest gefeiert. Der Schützenverein zählte damals 104 Mitglieder. 1922 fiel das Fest einer Hagelkatastrophe zum Opfer, 1923 der Inflation. 1924-1938 wurden die Schützenfeste in 2-jährigem Rhythmus im Wechsel mit dem Kriegerfest abgehalten.
Vom 28.-30. Juni 1926 wurde das Schützenfest zusammen mit dem 600-jährigen Stadtjubiläum gefeiert. 27 Gruppen nahmen an dem historischen Festzug teil, der die Geschichte Lichtenaus in den vergangenen Jahrhunderten darstellte. Tausende Festbesucher sollen sich an diesem Anblick erfreut haben. Nach dem Festvortrag von Pfarrer Weber und weiteren Reden des Landrats v. Solemacher und Lehrers Pagendarm endete der Tag abends im Zelt mit dem Schützenball, der das Schützenfest am folgenden Tag einleitete.
1937 wurde der Schützenverein Lichtenau in Heimatschutzverein Lichtenau umbenannt. Dieser wurde 1948 wieder ins Leben gerufen und im gleichen Jahr das erste Schützenfest nach dem 2. Weltkrieg gefeiert. Neben anderen denkwürdigen Begebenheiten war es ein bemerkenswertes Fest, denn der König wurde auf Grund des Schießverbots der Alliierten durch Keulenwurf nach dem Vogel ermittelt. Das Schützenfest wurde zusammen mit dem Sportfest veranstaltet.
1950 fiel das Schützenfest aus, die Gemeindehalle wurde umgebaut. Durch den Anbau einer Bühne und die Verlängerung einer Seite um 10 Meter wurde die Nutzfläche auf ungefähr 550 Quadratmeter vergrößert. Filmvorführungen konnten nun hier aufgeführt werden, außerdem wurde die Halle vom Sportverein zu Trainingszwecken genutzt. Beginn des Umbaus durch den Maurermeister Joseph Bieling war der 20. Juni 1950, am 19. Mai 1951 wurde die Hall eingeweiht. Im selben Jahr wurde die Anschaffung der Holzgewehre beschlossen. Seit 1951 wurde wieder jährlich das Schützenfest gefeiert.
Das Jubelfest von 1963 mit der Feier der 300 Jahre alten Statuten wurde wieder ein besonderes Volksfest. Der historische Festumzug am Sonntag brachte wieder viele auswärtige Besucher nach Lichtenau. Abschluss des Festes war am Abend ein großes Feuerwerk.
Im Jahr 1976 wurde die Stadthalle umgebaut und auf beinahe 900 Quadratmeter Fläche vergrößert. Sie wurde um Küche, Speiseraum, Toiletten, Nebenräume und Heizungsraum erweitert und bekam einen neuen Haupteingang. Sie war zur 650-Jahrfeier der Stadt Lichtenau fertig gestellt.
1988 wurde groß das 325-jährige Jubiläum gefeiert, der Heimatschutzverein bestand aus 405 Mitgliedern.
Im Jahr 1995 übernahm der Verein die Stadthalle, sie wurde nun offiziell zur Schützenhalle. Zwei Jahre später wurde die erste Unterabteilung – die Jungschützen – gegründet. 2004 folgte die zweite, die Schießsportabteilung, welcher gleich 34 Mitglieder beitraten. Ein Jahr später erfolgte der Beitritt zum Bund der historischen Schützenbrüderschaften und 2007 wurde ein Schützenfond gegründet. Dieser Schützenfond ist ein Sozialfond, keine Stiftung. Aus diesem Fond wird durch Krankheit oder andere Schicksalsschläge in Not geratene Familien oder Einzelpersonen unbürokratisch geholfen. Der Schützenfond wird ausschließlich durch Spenden aus der freien Wirtschaft, durch Privatpersonen und Schützenbrüdern getragen.
Dieser Fond ist neben den normalen Schützenangelegenheiten ein sehr wichtiger sozialer Beitrag für die gesamte Lichtenauer Dorfgemeinschaft.
In den letzten Jahren wurde dann die Schützenhalle in einer großen Renovierungsaktion grunderneuert. Den Erfolg kann sich jeder gerne auf dem Schützenfest oder anderen Veranstaltungen ansehen.
Der Heimatschutzverein Lichtenau 1663 e.V. besteht derzeit aus 521 Mitgliedern.